Mit deiner natürlichen Seite lebst du dein volles Potential!
Linkshänder? oder Rechtshänder?
Mit deiner natürlichen Seite lebst du dein volles Potential!
Meine Um- und Rückschulung:
Meine Umschulung in der Kindheit:
Als kleines Kind (ca. 3 Jahre) wurde ich vom Vater immer angehalten, dass ich doch den Löffel bzw. Stift
in die rechte Hand nehmen solle, da es mit ihr genausogut funktioniert.
Ich hab das dann gemacht, wahrscheinlich weil ich sonst nicht in Ruhe essen bzw. malen hätte können.
Dieses Ereignis ist wahrscheinlich die Ursache dafür, dass ich innerlich manchmal an der Grenze zum Wutausbruch war,
wenn mir in meinem Leben jemand einen Ratschlag gab, wie ich doch etwas machen sollte. Außerdem wurde ich womöglich
deswegen zu einem eher misstrauischen Menschen, wenn andere wussten was gut für mich ist.
Mir selber ist aber im Laufe der Zeit (noch vor der Schule) dann das Bewusstsein abhanden gekommen,
dass ich lieber die linke Hand verwende. Als ich in die Schule gekommen bin, hatte ich nicht mehr den Wunsch,
mit der linken Hand zu schreiben, ich wollte einfach überhaupt nicht schreiben. Meine Schrift war meistens unleserlich.
Da es von meinen Eltern nicht geduldet wurde, dass ich schlechte Noten hatte, war ich gezwungen meine Defizite durch
erhöhten Übungsaufwand zu kompensieren. Der erhöhte Aufwand hat mich dann mein Leben lang begleitet.
Die Kombination aus meinen Defiziten einerseits und einen Rat nicht annehmen können andererseits, hat sich in meinem
späteren Leben nicht positiv ausgewirkt, vor allem im Umgang mit Vorgesetzten.
Probleme, die ich vor meiner Rückschulung hatte:
Ich hab oft überlegen müssen, wo links und rechts ist.
Ich hab öfters den Faden verloren und von einem auf den anderen Moment vergessen, was ich soeben wollte.
Ich war meistens begleitet von der Angst zu versagen und Verluste dabei zu erleiden.
Es gab bei mir im Hintergrund das dauernde Gefühl nicht das machen zu können/dürfen,
was ich gerne machen möchte.
Ich hatte auch das unterschwellige Gefühl, alles was ich arbeitsmäßig mache, nur für
andere zu machen. Da ich (aus heutiger Sicht verständlicherweise) nie besonderes Lob oder Wertschätzung,
meinem gewaltigen Aufwand entsprechend, dafür bekommen hab, hat sich bei mir eine gewisse Demotivation eingestellt,
die mir zwar bewusst war, für die ich aber so lange Zeit keine Erklärung hatte. Beim Umgang mit anderen Menschen
war meine Wahrnehmung häufig unsensibel oder überempfindlich. Ich hab oft nur Konflikte wahrgenommen,
wenn sie eskaliert sind, und war darüber dann meist erschrocken. Dadurch ist bei mir entweder das Gefühl
hochgekommen „die Welt ist gegen mich" oder die Angst irgendwann ganz allein dazustehn.
Ich war in der Situation, entweder so zu bleiben, wie ich bin und dabei ständig anzuecken,
oder mich anzupassen und mir dann aber selber unteu zu werden. Und aus dieser Situation konnte
mich auch kein Psychotherapeut befreien.
Erkenntnis der Händigkeitsthematik:
Ich bin über einen kurzen Artikel in einer Zeitschrift (PM Fragen und Antworten 11/2008)
auf das Thema der umgeschulten Händigkeit gekommen. Darin war nebenbei eine bestimmte Fähigkeit beschrieben,
die ausschließlich umgeschulte Linkshänder haben. Ich hatte auch diese Fähigkeit.
Ich war erheitert und erstaunt über eine neu kennengelernete Seite von mir. Bei einer Internetrecherche
hab ich erfahren, welche negativen Auswirkungen eine Umschulung hat und ich hab mich mit meinen Problemen
wiedererkannt. Es hat einige Zeit (und einige Konflikte) gedauert, bis ich den Entschluss fasste
eine massive Veränderung herbeizuführen. Ich begann mit Schreibversuchen und trainierte
Dartspielen mit der linken Hand (ich tat das schon einmal Jahre zuvor, ohne mir etwas dabei zu denken).
Es hat dann noch über ein halbes Jahr gedauert, bis ich mich einem Händigkeitsfeedback unterzog.
Ich wollte absolut sicher sein, dass ich mit dem Rückschulen das Richtige tat.
Ich hatte vor dem Händigkeitsfeedback sogar Ängste, dass als Ergebnis herauskommen könne,
dass ich doch kein Linkshänder wäre, und ich dann die Dinge, die mir mit der linken Hand
bereits Freude machten, doch besser lassen hätte sollen.
Die Rückschulung:
Aber das Ergebnis passte so wie ich es erhoffte und gab mir Sicherheit.
Beim Händigkeitsfeedback bekam ich den Hinweis, dass es nicht so schwer wäre schön zu schreiben,
der Knackpunkt sei die Geschwindigkeit. Daher trainierte ich von nun an Geschwindigkeit,
indem ich Linien auf kariertem Papier nachzog. Ich ließ mich nicht beunruhigen,
wenn ich anfangs die Linien nicht so gut traf. Anfangs machten Schulter- und Ellbogengelenk das
Meiste der Bewegung. Mit fortlaufendem Training übernahm auch das Handgelenk und die Fingergelenke
Teile der Schreibbewegung. Dadurch wurde die Stiftführung präziser bei gleichbleibender Geschwindigkeit.
Ich ging dann dazu über auch Texte aus Zeitschriften abzuschreiben.
Ich hab mehr oder weniger regelmäßig geschrieben. (2x täglich bis alle paar Tage jeweils 1-3 Seiten)
Ich schreibe jetzt noch sehr viel nur zu Trainingszwecken. Ich glaube, dass es mir gut tut, wenn ich viel schreibe.
Wenn ich einige Zeit nicht schreibe, merke ich das.
Meine Schrift mit der linken Hand sieht ganz anders aus, als sie mit der Rechten aussah.
Links nütze ich den Raum deutlicher aus, rechts war es ein winziges Gekritzel.
Probleme, die mir während dem Schreibenlernen mit der linken Hand aufgefallen sind, die aber verschwanden:
Anfangs war phasenweise das Textschreiben ein mehr oder weniger verkrampftes Malen von Buchstaben.
Ich hab dann darauf geachtet, dass ich Entspannung und Lockerheit reinbring. Ich hab am Anfang des
Umlernens in der rechten Hand leichte Anzeichen von Verkrampfung gespürt,
als ich mit der linken Hand geschrieben hab.
Ich erwischte mich manchmal dabei, die Buchstaben verkehrt hinschreiben zu wollen (vor allem bei s,c)
Ich ließ bei Wörtern einzelne Buchstaben weg.
Der Buchstabe k wurde oft nicht so, wie ich es mir wünschte.
Ich wusste phasenweise die korrekte Rechtschreibung von Wörtern nicht sofort,
obwohl ich das vor meinem Rückschulungsprozess doch wusste.
In meinem Rückschulungsprozess begleiteten mich auch phasenweise Zweifel:
Es gab bei mir auch die Gedanken, dass ich durch die Rückschulung und der damit verbundenen
Vernachlässigung meiner rechten Hand einen Verlust erleide. Es gab bei mir auch ein wenig von der Angst,
es mit der linken Hand nicht zu schaffen, da ich ja tatsächlich mit der linken Hand wesentlich ungeschickter war,
als mit meiner sehr gut trainierten rechten Hand. Es gibt bei mir auch jetzt noch phasenweise Probleme,
die früher mein Leben schwer machten (z.B. eine Ordnung der Dinge für mich finden, eine Entscheidung nicht
treffen können), diese Phasen werden aber weniger.
Ich erlebte auch vorübergehende Zweifel, ob an der Sache der Rückschulung wirklich so viel dran ist.
Derzeit:
Ich schreibe jetzt fast nur mehr links, außer wenn ich unterschreibe oder wenn ich die
linke Hand gerade nicht frei hab. Ich schreib jetzt überhaupt viel lieber, früher (rechts) hatte das
Schreiben einen unangenehmen Beigeschmack. Ich verwende die linke Hand jetzt wo es nur geht, so gut es geht
(Computermaus, Küchenmesser, zum Werfen, Rasieren, Zähneputzen, Schraubendreher ...), trotzdem glaube ich,
dass ich mit der Rechten doch noch etwas geschickter bin als mit der Linken.
Ich glaube folgende Veränderungen an mir wahrzunehmen:
mehr Entspannung, mehr Selbstverständnis, bessere Wahrnehmung.
Nachdem ich den größeren Teil meines Rückschulungsprozesses
soweit hatte, hab ich beruflich etwas Neues begonnen, wo ich wesentlich mehr mit Menschen zu tun hab.
Ich hatte schon längere Zeit den Wunsch mich in diese Richtung zu verändern, hätte es mir aber
früher nie getraut.
Zusammenfassung:
Ich lerne jetzt seit eineinhalb Jahren meine linke Hand wieder entsprechend
einzusetzen und es hat sich in meinem Leben jetzt schon sehr viel verbessert. Diese Verbesserungen
allein waren es schon Wert mich rückzuschulen. Ich glaube aber, dass die Verbesserungen noch
weitergehen werden. Vor meiner Rückschulung hat eine Verbesserung so ausgesehen: Ich hab nachgedacht,
was und wie ich etwas verbessern kann und hab das dann mit Aufwand und Denkarbeit umgesetzt.
Jetzt achte ich einfach nur darauf, dass ich Tätigkeiten möglichst mit der linken Hand ausführe,
und Verbesserungen in anderen Bereichen stellen sich fast wie von alleine ein.