Mit deiner natürlichen Seite lebst du dein volles Potential!
Linkshänder? oder Rechtshänder?
Mit deiner natürlichen Seite lebst du dein volles Potential!
„Ich war extrem still und schüchtern und bin viel offener geworden"
Im November 2007 wurde bei Frau Julia M. ein Händigkeitstest durchgeführt.
Das Ergebnis war für Frau M. nicht überraschend, denn sie hatte sich schon
längere Zeit mit dem Thema beschäftigt und vermutet, dass sie eine umgeschulte
Linkshänderin ist. Daher war für Sie auch ganz klar, dass sie in diesem Fall eine
Rückschulung des Schreibens auf die linke Hand beginnen würde.
Hier können Sie Auszüge aus den Erfahrungsberichten lesen, die Sie mir in der Folge schrieb:
Mai 2008
Liebe Frau Hayek-Schwarz,
inzwischen ist schon über ein halbes Jahr vergangen, seitdem ich bei Ihnen den Linkshändertest
gemacht habe. Es wird also höchste Zeit, dass ich Ihnen von meinen Erfahrungen mit der Umschulung berichte:
Ich habe gleich nach dem Test mit dem Üben angefangen und die Schleifen- und Schlingenübungen
etwa 2 Wochen durchgehalten, dann wurden sie mir zu langweilig und ich habe mit den Silben angefangen.
Hier bin ich dann wohl etwas vorgeprescht, weil ich das Schreiben von sinnlosen Silben extrem
frustrierend fand. Ich bin dann dazu übergegangen zur Übung einfach wahllos irgendwelche Texte
abzuschreiben oder Liedertexte aus dem Gedächtnis zu schreiben. Das ging dann ganz gut. Am Anfang
hatte ich dabei immer nach einiger Zeit ein Schwindelgefühl. Wenn das auftrat, habe ich die Übungen
unterbrochen und etwas anderes gemacht. Mittlerweile ist der Schwindel ganz weg.
Das Schreiben fällt mir immer leichter, obwohl ich noch relativ langsam und zum Teil noch etwas
unbeholfen schreibe. Am besten funktioniert es mit den dicken Dreikantbleistiften, die Sie mir empfohlen
haben. Mit der rechten Hand habe ich nie gern dicke Stifte benutzt, mit links finde ich sie extrem angenehm.
Gewisse Dinge des täglichen Lebens fallen mir sehr viel schwerer als das Schreiben. Zum Beispiel das
Haare Bürsten. Das ist mit links immer noch sehr schwer. Auch das Zähneputzen ist noch ziemlich
anstrengend mit links.
Kochen geht da schon leichter. Ich war begeistert wie einfach und schnell ich kürzlich eine Gurke
geschält hatte! Das ging mit links ja viel leichter! Zum Glück funktioniert unser Schäler
in beide Richtungen. Schneiden mit Messern hingegen ist für mich immer noch schwierig.
Gleichzeitig ist mir aber auch aufgefallen, wie viele Dinge ich schon immer mit links gemacht habe
wie z.B. Eier schälen oder auf- und zuschließen.
Im Moment ist es noch so, dass ich oft die Hände wechseln muss. In der Arbeit schreibe ich immer
noch mit rechts, wenn es schnell gehen muss. Wenn ich für mich selbst Sachen aufschreibe, ein
Konzept ausarbeite etc. schreibe ich jedoch mittlerweile schon ganz mit links. Das Schreiben mit rechts
fällt mir im Moment sogar recht schwer. Ich verhudle die Wörter und meine Schrift wird immer
unleserlicher, während meine linke immer besser wird. Auch verkrampfe ich im Moment mit rechts sehr
stark. Ich weiß nicht, ob das eine vorübergehende Blockade ist und sich das später wieder
legen wird. Allerdings spielt es später, wenn meine linke Hand erst einmal geübt genug ist, um
alles mit ihr zu schreiben, wohl auch keine Rolle mehr.
Allerdings passieren mir manchmal, wenn ich mit links schreibe, auch „legasthenische"
Fehler (Buchstaben verdrehen, Groß- und Kleinschreibung verwechseln), die mir erst auffallen,
wenn ich fertig geschrieben habe. Es ist so, als schriebe ich einfach zu langsam für die
Geschwindigkeit, mit der ich denke, und mein Hirn ist dann bereits bei ganz anderen Sachen und
vergisst die Rechtschreibung. Zum Glück passiert das nicht allzu oft.
Je mehr ich übe, desto natürlich ist es für mich, dann auch für andere
Tätigkeiten die linke Hand zu nehmen. Kürzlich ist es mir aufgefallen, dass ich
für eine Tätigkeit, die ich sonst nur mit rechts gemacht habe, ganz instinktiv die
Linke genommen habe. Sehr oft kommt das noch nicht vor, aber ich glaube, das ist schon mal ein guter Anfang.
Sie haben mir bei unserem Gespräch gesagt, ich solle Leute, die mich gut kennen, mit einbeziehen.
Meine Mutter hat mich jetzt schon mehrmals darauf angesprochen, dass ich mich verändert hätte.
Ich war immer extrem still und schüchtern, um nicht zu sagen scheu, nachdem ich viel mit der linken
Hand gemacht habe, bin ich viel offener und extrovertierter. Es fällt mir sehr viel leichter, mich
mit Leuten zu unterhalten und Dinge nicht so tragisch zu nehmen, wie ich das sonst oft getan habe.
Mein Freund beobachtet mich in dieser Hinsicht nicht so genau, achtet jedoch darauf, dass ich mich nicht
entmutigen lasse, wenn etwas, was ich immer mit rechts gemacht habe, am Anfang mit links schwieriger ist.
Ich erhalte also gute Unterstützung.
Es kommen auch manchmal Erinnerungen an meine Umschulung hoch. Ich bin mittlerweile überzeugt davon,
dass es meine Großmutter war, die mich umgeschult hat. Bis ich in die Schule gekommen bin, habe ich
das meiste meiner Zeit bei ihr und mit ihr verbracht. Meine Großmutter war eine sehr liebe Frau,
doch sie war auch jemand, für den es ungeheuer wichtig war, alles „richtig" d.h. so, wie
es in der Gesellschaft anerkannt ist, zu machen. Man gibt die „schöne Hand", man malt mit
der „schönen Hand", man nimmt den Löffel in die „schöne Hand" und
natürlich wird das Essen nur dann gut, wenn man mit der „richtigen Hand" in die „
richtige Richtung" rührt. Meiner Großmutter war es gänzlich unbekannt, was sie damit
angerichtet hat. Da diese Erziehung bei meiner Mutter (einer extrem linkshirnigen und rechtshändigen Frau)
sehr gut funktioniert hat, musste es doch bei mir auch funktionieren.
Jänner 2009
Liebe Frau Hayek-Schwarz,
Ich hab mich eine ganze Weile nicht bei Ihnen gerührt, ein Grund dafür war, dass ich mich für
einige Zeit in einer kleinen Krise befunden habe, wo mir gar nichts mehr gelingen wollte und wo auch meine
Rückschulung ziemlich stagniert hat. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich einfach nicht gewusst, was ich
Ihnen hätte schreiben können, obwohl es wahrscheinlich gerade da nützlich gewesen wäre. Nun ja …
Jetzt geht es mir wieder besser. Ich habe akzeptiert, dass ich wohl noch eine Weile brauchen werde,
bevor ich meine Linksschrift auch im Beruf einsetzen kann, aber ich arbeite weiter daran. Mit Bleistift
geht es schon ganz gut, mit diversen dünneren Stiften habe ich allerdings noch Probleme und es
frustriert mich teilweise, wie lange es dauert, etwas mit Links zu schreiben.
Aber auch etwas anderes frustriert mich manchmal, wenn die Rückschulung nicht so schnell geht,
wie ich das gerne hätte. Ich merke deutlich, wie viel besser es mir geht, wenn ich mit Links schreiben
kann: ich bin offener, spreche leicht und gern mit Kollegen und Bekannten, teilweise kommen mir sogar
Zweifel, ob ich wirklich so introvertiert bin, wie ich mich bisher immer verhalten habe, und ich
konzentriere mich nicht dauernd auf mich selbst und auf das, was andere an mir bemängeln oder
seltsam finden könnten. Wenn ich wieder gezwungen bin, auf rechts zu wechseln (weil ich sonst einfach
viel zu langsam bin), fühle ich mich dann wieder in meinem alten Ich gefangen.
Ein weiterer Grund dafür, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe, ist, dass sich mittlerweile auch
in meinem Berufsleben etwas verändert hat. Ich habe mich letztes Frühjahr wieder um eine
Lehrerstelle beworben und auch eine bekommen. Ich hatte immer gesagt, dass ich das nie mehr machen wollte,
dass ich es nicht aushalten würde und plötzlich kam es mir gar nicht mehr so schlimm vor.
Viel schlimmer fand ich, dass meine Ausbildung umsonst hätte sein sollen und meine Begabungen
brachliegen und immer mehr verkümmern.
Allerdings hat mich das in meiner Rückschulung wieder etwas gebremst, weil es im Unterricht doch
wichtig ist, schnell zu reagieren und den Konversationsfluss nicht zu unterbrechen, wenn man z.B.
schnell ein Wort an die Tafel schreibt. Dazu bin ich einfach immer noch viel zu langsam und muss
dafür rechts schreiben. Ich schreibe aber meine Vorbereitungen und alles persönliche mittlerweile
durchwegs, wenn auch teilweise noch recht krakelig, mit links. Für die Sommerferien habe ich mir
dann wieder intensiver Üben vorgenommen.